Fnovar Uneanh
stellt eine Frage · vor 3 Monaten

Systematische Diskriminierung neurodiverser Menschen in Deutschland

Eine Freundin in den Niederlanden hat ADHS und ist autistisch. Sie fragt, ob sie in Deutschland mit systematischer Diskriminierung rechnen müsste, wenn bekannt wird, dass sie beispielsweise Stimulanzien wie Ritalin, Adderall oder Focalin nimmt. 

Zum Beispiel fürchtet sie Nachteile wie die folgenden:

  • von Versicherungen abgelehnt werden
  • keine Hypothek/keine Kredite aufnehmen können (Ablehnung durch die Bank)
  • keinen Führerschein haben dürfen
  • keinen Job finden
  • als Selbstständige keinen Anspruch auf Krankenversicherung haben

Mir ist bekannt, dass je nach GdB-Bewertung ADHS oder Autismus als Behinderung gewertet werden kann, wodurch die Person Anspruch auf Unterstützung und Schutz erhält.

Doch wie sieht es aus, wenn die nötigen Punkte in der GdB-Tabelle nicht erreicht werden? Und welche Form der Benachteiligung durch Arbeitgeber, Versicherungen und Banken ist illegal?

Es wäre super, hierzu eine Fachmeinung zu haben.

Puevfgvna Znccnyn · vor 3 Monaten
Durch Autor:in als beste Antwort markiert

Hallo Sabine,

it's tricky. Ich würde mit einem "Ja" antworten in Bezug auf strukturelle Diskriminierung.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schützt/soll schützen gerade bei Massengeschäften wie Versicherung und Hypotheken unabhängig vom Grad der Behinderung. Doch alltäglich passieren genau diese Diskriminierungen. Der GdB ist mit Rechten und entsprechenden Leistungen verbunden.

Präventiv kann Deine Freundin nur wenig tun, doch wenn eine solche Diskriminierung stattgefunden hat, kann sie mit einer Frist von (nur) zwei Monaten sich an eine Anti-Diskriminierungsberatung (des Bundes, auf Ländereben und ab und zu auch kommunal) wenden. Dort wird sowohl juristisch (Schadensersatzansprüche) wie auch psycho-sozial beraten.

Hier mal ein Link:

https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/wir-beraten-sie/wir-beraten-sie-node.html

Ich hoffe, dass hilft aufs erste mal weiter.

Liebe Grüße
Christian

Fnovar Uneanh · vor 3 Monaten

Christian, tausend Dank! Das hilft mir enorm weiter.

Hier zumindest mein persönlicher Eindruck: Die Krankenkasse darf sie nicht ablehnen, aber für alle Zusatzversicherungen gibt es Gesundheitsfragen und dort wird es schwer. Führerschein wird individuell geprüft, sie muss sicherlich zu Ärzten und Sonderstellen – es ist in jedem Fall teurer. Einen Job finden hängt von vielen Umständen ab, da gibt es viel Hoffnung, aber auch noch eine Menge Diskriminierung. Kredite werden an Menschen mit Behinderung seltener & niedriger vergeben, wenn überhaupt – das habe ich mehrfach als Mentorin für Gründer:innen mit Behinderung erlebt.

Grundsätzlich: Es gibt (strukturelle) Diskriminierung. Mein persönlicher Eindruck ist, dass die Menschen in den Niederlanden mit meiner offensichtlichen Einschränkung sehr viel offener umgehen, als die Menschen hier in Deutschland.

Fnovar Uneanh · vor 3 Monaten

Ugh. Ich hatte so gehofft, dass ich positiv überrascht werde… aber scheinbar ist es in Deutschland nicht besser als hier in NL (die Beispiele für Diskriminierung stammen aus Geschichten aus den Niederlanden). Vielen Dank, Henriette! 

Fnovar Uneanh · vor 3 Monaten

Ich hab noch mal ne Rückfrage: Woher weiß die Bank, ob die antragsstellende Person neurodivers, krank oder behindert ist? Ist das Teil der Bewerbung oder gibt es dafür ein zentrales Gesundheitsregister? Mein letzter Kredit in Deutschland war eine 0%-Finanzierung für ein MacBook 2010, seitdem lebe ich da ja schon nicht mehr.

Nur, wenn es offensichtlich ist oder angegeben wird. Ausfüllen muss man das mE nur bei Versicherungen

Fnovar Uneanh · vor 3 Monaten

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